RIDER's Journal #2 : ORBIT360 GRAVEL SERIE

VON MARKUS FISCHER

„Es ist 14:30 Uhr bei angenehmen und sonnigen 20 Grad. Ich stehe mit meinem Bike oben auf dem Rheinsteig und betrachte das Panorama, beobachte Frachtschiffe und sehe bereits die Fähre, die ich gleich nehmen werde. Rechts befindet sich eine alte Burg und direkt auf dem Rhein ist eine weitere. Klassisches, schönes Rheinpanorama – knipse schnell ein paar Fotos mit meinem Handy. Ich befinde mich auf dem Orbit Rheinland-Pfalz bei Kilometer 153 von 225. 

Ich fahre zur Fähre und muss kurz warten, da ich sie natürlich verpasst habe. Die kurze Zwangspause lässt mich die bereits gefahren Kilometer Revue passieren. Es war eine kleine Kletterpartie die nicht unfassbar hoch hinaus, aber immer wieder hoch und runter ging. Grenzerfahrung pur. Nach kurzer Zeit des Wartens kommt die Fähre. Der Blick geht wieder nach vorne. Nach der Überfahrt geht es wieder knapp 560 Höhenmeter hoch. Ganz schön fies. Ganz schön hart. Aber auch wunderschön. Gravel pur. Natur pur. Grenzerfahrung pur.“

ÃœBER MARKUS

Hi. Mein Name ist Markus (aka Mario.Felge), ich bin 30 Jahre alt und komme aus dem Ruhrpott, genauer gesagt aus Bochum. Ich bin gelernter Heilerziehungspfleger (und Einzelhandelskaufmann) und studiere nebenbei Soziale Arbeit an der EVH Bochum. Wenn ich mal nicht auf einem meiner Fahrräder sitze, schaue ich gerne Fußball, gehe zu Elektro- und Indiemusik tanzen, kümmere mich um meine Pflanzen oder höre meine Schallplatten.

Meine „Fahrradkarriere“ startete ich vor ziemlich genau sieben Jahren auf Grund einer Knie Operation. In der Reha wurde mir dazu geraten mit dem Fahrrad fahren anzufangen. Den Ratschlag befolgte ich und fuhr die nächsten Jahre mit einer alten hippen Peugeot Möhre durch die Gegend. Durch einen Arbeitskollegen kam ich dann irgendwann auf die Idee mit dem Fahrrad zu verreisen. Ich baute mir ein schweres Rad zum Reisen auf und im Herbst 2015 folgte dann die erste klassische Fahrradreise entlang der Elbe. Das war auch quasi der Startschuss für meine „Fahrradkarriere“.

Weitere Reisen nach Schweden, Norwegen, ins Baltikum, Vietnam und Schottland folgten. In Schottland sind mir dann zum ersten Mal Radreisende im „Bikepackingsstil“ aufgefallen. Mir gefiel diese leichte und minimalistische Art des Radreisens. So folgten zwei Bikepacking Touren mit meinem Fuji Jari nach Marokko und durch die Balkan Staaten.

Auch der sportliche Aspekt hat mich mit den Jahren immer mehr gepackt. Am Anfang bin ich lediglich mit dem Fahrrad zur Arbeit und innerhalb meiner Heimatstadt gefahren. Mittlerweile fahre ich ca. 300 km Rennrad und Gravelbike pro Woche.

Wie viele andere Leute hatte auch ich ganz andere Pläne für den Sommer 2020. Eigentlich wollte ich einen Bikepackingtrip durch Österreich, die Slowakei, Ukraine, Rumänien und Ungarn unternehmen. Aber dann kam die Covid-19-Pandemie und alle Pläne waren durchkreuzt.

Bei Instagram habe ich dann von der Orbit 360 Gravel Serie gehört: eine Gravel Rennserie in Deutschland mit 16 verschiedenen Rundkursen. Die Besonderheit war, dass es in jedem Bundesland eine Strecke gab und damit für viele die Möglichkeit, trotz der Corona Pandemie an einem Rennen teilzunehmen, aber auch die Vielfalt der deutschen Natur kennen zu lernen. Die Routen waren dabei größtenteils unbefestigt: Von wurzeligen Singletrails über weiche Waldwege und Sand war bis zu entspannten Schotterpisten alles dabei.

Ich dachte mir am Anfang: „Nette Idee, aber zu anspruchsvoll für mich. Ich bin noch nie so viele Kilometer am Stück und dann auch noch auf unbefestigten Wegen gefahren. Das wird bestimmt nix.“ Nach und nach wurden weitere Strecken released und irgendwann stand mein Entschluss: „Ich nehme die Herausforderung an und mache mit“. Ich fand die Grundidee einfach klasse, einmal in allen Bundesländern gewesen zu sein und dabei die Vielfalt der Landschaft abseits der bekannten Pfade kennen zu lernen. Zudem hatte ich Lust, darauf meine Grenzen auszutesten.

Ich nahm mir vor, alle 16 Orbits zu fahren. Geschwindigkeit stand dabei für mich nicht so im Fokus. Aufgrund der mangelnden Erfahrung mit solchen Distanzen war für mich das Ziel einfach anzukommen und genau diese Erfahrungen zu sammeln. Trotzdem hatte ich mir vorgenommen alle Strecken am Stück und nicht als Overnighter zufahren.

DER TRACK

Bei der Orbit 360 Gravel Serie (2020) gab es nicht nur einen Track, sondern 16 verschiedene, je eine pro Bundesland. Dadurch war natürlich klar, dass jeder Track seinen eigenen Charakter hat. Je nachdem, welchen Track man gefahren ist, konnte man am Meer, an Flüssen, über Berge, durch Heiden oder noch mehr fahren. Klar war, es wird überall über Felder, durch Wälder und über unbefestigte Wege gehen.

Viel Natur und wenig Stadt war also vorprogrammiert, wobei es auch Ausnahmen gab: Sowohl beim Orbit Berlin als auch beim Hamburger Orbit ging sehr viel durch urbanes Gelände und trotzdem auf unbefestigten Wegen. Der längste Track war der Orbit Bremen mit 323km, welcher aber dafür recht flach war. Der kürzeste Orbit war der Orbit in Sachsen mit 212km und knapp 3.000 Höhenmetern. Dazwischen lagen die anderen 14 Strecken.

Jede Strecke hatte ein Highlight parat. So ging es z.B. in Sachsen mitten durch das Elbsandsteingebirge, in Mecklenburg-Vorpommern einmal um die Insel Rügen herum, in NRW konnte man gleichzeitig die Natur der Eifel bewundern und kurz danach die Zerstörung durch den Abbau von Braunkohle bestaunen, in Bayern konnte man wunderschöne Seen inklusive Alpenpanorama erleben und in Sachsen-Anhalt ging es einmal den Brocken rauf und runter. Die 16 Tracks sind immer noch online bei Komoot und können jederzeit nachgefahren werden. Dort gibt es auch eine kurze Beschreibung von jedem Scout zu seiner Route.

DIE VORBEREITUNG

Nachdem ich mich entschieden hatte, an den Orbits teilzunehmen, fing meine Planung an. Ich schaffte es, 14 der 16 Routen in meine Sommerplanung unterzubringen, erstellte mir eine Tabelle mit der zeitlichen Rahmenplanung und buchte massig Zugverbindungen und Unterkünfte bzw. Zeltplätze in den Umgebungen der Tracks. An den vorgegebenen Tracks musste ich nur noch bei einigen den Startpunkt anpassen, damit ich in der Nähe meiner Unterkunft starten konnte. 

Da die Teilnahme an der Serie aufgrund der Pandemie spontan und aus der Not heraus geboren war, hatte ich mich im Vorfeld nicht explizit auf die Serie vorbereitet. Auch taktisch hatte ich keine großen Dinge geplant. Ich wollte die einzelnen Routen lediglich im Morgengrauen starten, um lange im hellen fahren zu können.

Die Serie habe ich mit meinem Fuji Jari 1.1 bestritten. Das Jari ist ausgestattet mit einer Shimano 105er Schaltung, welche aus einer 2fach Kurbel (46/30) und einer 11fach Kassette (11/34) besteht. Gerollt bin ich auf einem Satz 28er DT Swiss GR1600 Felgen in Kombination mit Panaracer Gravelking Reifen (tubeless) in der Größe 700x38c. 

Zum Transport meiner Nahrung, Regenkleidung usw. hatte ich eine Rahmentasche am Fahrrad befestigt. Zum Navigieren habe ich abgesehen vom ersten Orbit, ein Wahoo Element Roam genutzt.

DAS RENNEN

1. ORBIT: NordRHEIN-WESTFALEN - 15:57H

Ich fuhr nachts mit dem Zug von Bochum nach Köln, rollte zum Startpunkt am Stadion und los ging die wilde Fahrt. Ich hatte großen Respekt – vor der Strecke und der Distanz. Immerhin war ich zu diesem Zeitpunkt noch nie 254 km am Stück gefahren. Auch konnte ich meine eigene Ausdauer im Vorfeld gar nicht einschätzen. Was soll ich sagen? Es lief alles optimal.

Die Strecke war perfekt für den ersten Orbit. Auf dem ersten und letzten Drittel kam man sehr gut und flüssig voran. Der Mittelteil hatte es dafür aber in sich. Es ging steil über kleine Wege und Single Trails die Eifel hinauf. Es war eine unfassbar schöne und abwechslungsreiche Strecke. Vor allem regte sie auch zum Nachdenken an.

So ging es nicht nur durch die schöne Eifel, sondern auch durch viele „brisante“ Tagebaugebiete. Schon verrückt, da fährt man einerseits durch so großartige Landschaften und ein paar Minuten später geht es direkt durch Gebiete, die vom Menschen zerstört werden.

Neben den Tagebaugebieten mit ihren riesigen Baggern, ging es noch durch Geisterdörfer und den Hambacher Forst. Aber auch bei der Ein- und Ausfahrt von und nach Köln ging es an viel Industrie vorbei. Klar war die Eifel das absolute Highlight der Tour, aber der Tagebau, die Industrie und seine Folgen gehören zur Region einfach dazu.

Ich kam nach 15:57 h wieder am Startpunkt an und war einfach platt, aber auch sehr glücklich. Die erste Tour hatte mir gezeigt, dass es für mich körperlich möglich war, solche Distanzen zu fahren.

2. Orbit: Hessen - 19:37H

Meinen zweiten Orbit fuhr ich in Hessen. Auch hier die Anreise direkt von Bochum mit dem Zug nach Frankfurt und gegen 11 Uhr morgens war ich zum Startpunkt gerollt. Es war also schon im Vorfeld klar, es wird eine Nachtfahrt werden. Der 286 km lange Track ging rund um Frankfurt über viele Wiesen, Felder und Wälder. Die Strecke war für meinen Geschmack nicht so abwechslungsreich, aber dennoch schön.

Für mich persönlich war vor allem die Nachtfahrt eine spannende Situation. Mehrere Wildschweine kreuzten meinen Weg, aber ließen mich zum Glück ohne Angriff passieren. Etwas Magisches und zeitgleich Bedrohliches hatten die im Schein meiner Beleuchtung funkelnden Tieraugen, die in der Nacht überall zu sehen waren.

Insgesamt war der Track für mich super zu fahren und ich hatte wenig Probleme. Kurz vor dem Ziel in Frankfurt hatte ich Schwierigkeiten mit meinem Wahoo und musste es neu starten. Lange 10 Minuten musste ich warten, bis es die Aufzeichnung wieder geladen hatte. Lang waren sie vor allem deswegen, weil ich im Regen stand und die letzten 20 km durch diese ungeplante Pause ziemlich kalt wurden.

Beim ersten Orbit hatte ich noch mein Handy in Kombination mit der Komoot App zum Navigieren genutzt. Dies hatte echt super funktioniert. Bei allen weiteren Orbits kam nun mein Wahoo zum Einsatz, wodurch das Navigieren manchmal recht schwierig wurde. Es zog oft etwas nach, weshalb nicht immer klar war, wo es lang ging. Trotzdem entschied ich mich weiter mit dem Wahoo zu navigieren, da die Akkuleistung einfach unschlagbar war und mit der Zeit habe ich mich daran gewöhnt.

3. Orbit: Hamburg - 13:04H

Mein drittes Orbit Abenteuer fand im schönen Hamburg statt. Ich hatte mich sehr darauf gefreut, da die Stadt zu meinen Lieblingsorten in Deutschland gehört. Auch hier bin ich direkt mit dem Zug angereist und nach der Ankunft ab auf den Track, der es echt in sich hatte. Er war zwar nur 214 km lang, aber hatte einige Herausforderungen zu bieten.

So ging es z.B. direkt nach dem Startpunkt an der Elbe, in den tiefen Sand am Elbstrand. Nach der Sandschlacht folgten einige Anstiege, bevor es irgendwann etwas entspannter im Hinterland über Felder und Wege rund um Hamburg ging. Zum Schluss wartete das Highlight, die Fischbeker Heide auf mich. Ein Highlight im sowohl negativen als auch positiven Sinne. Ich wusste was mich erwartet, da ich in diesem Jahr bereits den Heidschnuckenweg gefahren bin: Sand, Wurzeln, Geröll, spitze Steigungen und eine wunderschöne Landschaft.

Ich habe zwei Stunden benötigt, um die Heide zu durchfahren. Den anstrengendsten Teil zum Schluss zu fahren war sehr hart. Nach insgesamt 13:04 h erreichte ich das Ziel, den Fähranleger Finkenwerder.

4. Orbit: Bremen - 16:27H

Mit nur einem Tag Pause ging ich den nächsten Orbit an. Beim Bremer Orbit handelte es sich um den längsten der ganzen Serie. Der Track ist 324 km lang, hatte aber dafür kaum Höhenmeter zu bieten. Zum ersten Mal konnte ich einen Track ausgeschlafen und ohne große Anreise beginnen, da ich in Bremen eine Unterkunft hatte.

Also ging es morgens um 5 Uhr los. Früh aufstehen ist normalerweise echt Mist, aber sobald man auf dem Bike sitzt und durch die Dämmerung mit ihrer Stille und dem besonderen Licht fährt, vergisst man das schnell. Die Route war von den Untergründen bis auf ein paar Kilometer komplett ohne Problem zu fahren. Generell hatte sie einen hohen Anteil an befestigten Wegen. Obwohl es technisch einfach zu fahren war, bin ich zweimal ohne Schäden oder Verletzungen gestürzt. Highlight der Strecke war für mich das Teilstück entlang des Jadebusens. Rückenwind, Meer und Fahrrad fahren, was wünscht man sich mehr?

Der lange Rückweg von Bremerhaven nach Bremen gestaltete sich für mich als sehr hart. Gerade die letzten 40 Kilometer, wo es viel über asphaltierten Wege ging, taten sehr weh. Nach 16:27 h kam ich völlig fertig in Bremen an. Danach gab es erstmal eine Fritz Cola und Fast Food auf dem Osterdeich für mich.

5. Orbit: Rheinland-Pfalz - 14:50H

Orbit Nummer fünf fand für mich in Rheinland-Pfalz statt. Die Route ist mein persönlicher Favorit. Man fährt durch so viele schöne Gegenden entlang der Lahn, Mosel und am Rhein und dank der über 4.000 Höhenmeter auf 226 km hat man auch immer einen schönen Ausblick von oben. Bis auf ein kurzes Stück auf dem Lahnhöhenweg, war der Track richtig super zu fahren.

Die Höhenmeter ließen mich aber mit der Zeit ziemlich verzweifeln und raubten mir gerade zum Schluss der Tour die Kräfte. Gerade der Anstieg Richtung Borbachtal, nach dem Passieren der Fähre, hat mich richtig gefordert und teilweise mürbe gemacht. Etwas mehr Bergtraining wäre also in der Zukunft nicht schlecht, denn ich bin im Vorfeld der Tour zwar viel Fahrrad gefahren, aber die krassen Bergtouren waren nie dabei. Dadurch musste ich aber auch feststellen, dass bei manchen Anstiegen eine kleinere Übersetzung hilfreich gewesen wäre.

Fünf Routen war ich bis zu diesem Zeitpunkt gefahren und alle so nebenbei zwischen Uni und Arbeit. Aber dann war es soweit und ich hatte Urlaub. Geplant war, neun weitere Orbits innerhalb von drei Wochen zu absolvieren. Alles war geplant und teilweise gebucht.

6. Orbit: Schleswig-Holstein - 16:29H

Der nächste Orbit wurde der in Schleswig-Holstein. 279 km von der Ostsee entlang der Trave Richtung Alster Quelle und durch die ostholsteinische Schweiz wieder zurück. Ein treuer Begleiter bei dieser Tour war der Fernmeldeturm Neverstaven, der gefühlt ein Drittel der Tour in Sichtweite war.

Beim Start hatte ich direkt Probleme mit meinem Hinterreifen. Ein Loch im Tubeless System, welches ich mir wohl am Vortag geholt hatte. Es gibt nichts Schöneres als morgens um 5 Uhr ein Loch im Reifen zu stopfen. Nachdem das erledigt war ging es los.

Es war ein verdammt heißer Tag und ich war froh, dass die Strecke viel Schatten gespendet hat. Die Strecke hatte viele schöne Seiten zu bieten, so ging es z.B. an einer Steilküste direkt an der Ostsee entlang. Auch die Gegend die Trave entlang fand ich sehr schön. Der Rückweg von der Alsterquelle hoch bis zur ostholsteinischen Schweiz war dann aber geprägt von mehreren großen Straßen. Kurz bevor es die Steigung zum Bungsberg hoch ging, nutze ich die Chance und kühlte mich ein wenig im Wardersee ab.

Mein absolutes Highlight kam dann aber am Abend. Eine große Herde von Rehen kreuzte meinen Weg. Normalerweise sieht man einzelne oder vielleicht eine kleine Gruppe aber auf diesem Feld, 20 km vor Ende der Tour, waren bestimmt 50 bis 75 Rehe. Generell habe ich auf den Touren so unfassbar viele Tiere gesehen. Von Wildschweinen, Füchsen, Rehen, Hirschen bis zu den verschiedensten Vögeln war alles dabei.

7. Orbit: Mecklenburg-Vorpommern - 14:27H

Als nächstes ging die Reise nach Rügen um dort den Orbit Mecklenburg-Vorpommern zufahren. Startpunkt für mich war der Ort Lobbe. Nachdem die Jungs vom Orbit Team damals den Track released haben, habe ich mich entschieden an der der Orbit Serie teilzunehmen. Die Vorfreude war riesig und ich wurde nicht enttäuscht.

Früh morgens ging es mit der Dämmerung auf die 244km große Runde rund um Rügen. Die Strecke gehört zu den schnelleren und deswegen verwunderte es mich nicht, dass ich sehr schnell vorankam. Leider wurde ich aber bereits nach 20km hart ausgebremst. Ich hatte es geschafft, mir jeweils ein Loch im Vorder- und Hinterreifen innerhalb einer Sekunde zu holen. Vorne konnte ich das Tubeless System mit einer Maxalami stopfen, hinten musste leider ein Schlauch rein. Die ganze Aktion kostete viel Zeit. Nach knapp 40min ging es weiter.

Über viele Fahrradwege ging es mit Blick auf Stralsund weiter. Auch auf Rügen waren die Temperaturen hoch und diesmal war der Schatten nicht so oft mein Freund. Trotzdem ging es zügig zur Fähre, welche ich natürlich ganz knapp verfehlte. Einerseits ärgerlich, anderseits ist so ein kleine Zwangspause zwischendurch auch mal gut.

Meine Pausenzeiten während der Orbits waren recht überschaubar. Insgesamt waren es nie mehr als eine Stunde und dann wurde diese nur zur schnellen Nahrungsaufnahme genutzt. Den Kampf gegen die verbrannten Kalorien habe ich aber definitiv jedes Mal verloren. Meine Ernährung während der Orbits war sehr brötchenlastig. Da muss ich definitiv nochmal daran arbeiten.

Nach der Fähre ging es hoch zum Kap Arkona. Es war schon cool, direkt an dieser schönen Steilküste lang zufahren. Einziger Wermutstropfen war, dass ich nicht allein war. Da das Kap Arkona vernünftigerweise nicht mit Autos oder ähnlichem zu erreichen ist, war gefühlt die Hälfte aller Touristen mit ihren Fahrrädern hier unterwegs. Mit Rücksicht gegenüber den anderen fuhr ich im Zick Zack weiter. 

Nach dem der Nationalpark Jasmund durchquert wurde ging es nach Sassnitz. Hier fand ich vor allem den Hafen spannend. Hier lagen nämlich unzählige Rohre für den Weiterbau der Nord Stream 2 Gaspipeline herum, welcher gerade weltpolitisch für Aufsehen und Diskussionen sorgt.

8. Orbit: Berlin (DNF)

Mein achter Orbit sollte der Berliner werden. Da ich dachte, dass es sich auch um einen eher leichten und kürzeren Orbit handele, fuhr ich erst gegen 8 Uhr an meinen gewählten Startpunkt in Charlottenburg los. Das war definitiv ein Fehler. Zum einem hätte ich mich im Vorfeld mehr informieren müssen und zum anderen sollte man bei solchen Touren immer früh losfahren.

Dafür, dass ich eigentlich bereits die Erfahrungen von sieben Orbits hatte, habe ich mich hier etwas doof angestellt. Die Berliner Runde hatte es echt in sich. Es ging gefühlt ausschließlich über Single Trails und kleine Wege. Zudem war die Strecke weniger geschmeidig und man musste oft abbiegen. Nach über 7 Stunden für 100 km gab ich kurz nach dem Großen Müggelsee auf. Ich war einfach zu genervt von mir und dass ich nicht wirklich vorankam.

Nachdem ich die Strecke verlassen hatte und mich auf den Rückweg mit der S-Bahn gemacht habe, war ich aber trotzdem zufrieden es versucht zu haben. Aber natürlich auch etwas geknickt. Die Strecke war, auch wenn sie sehr schwierig und anspruchsvoll war, total schön. Verrückt wie fix man die Großstadt hinter sich lassen und in die Natur abtauchen konnte.

9. Orbit: Sachsen (DNF)

Der nächste Orbit wäre der in Sachsen geworden. Morgens gegen 5 Uhr bin ich zum Startpunkt in der Dresdener Neustadt gerollt. Danach drückte ich den Startknopf auf dem Wahoo und los ging es. Aber irgendwie hatte ich einen Kloß im Hals. Schon nachdem ich aufgestanden bin, war ich angespannt. Ich traute mir die Tour irgendwie nicht zu. Ich fuhr 5 km und entschied dann die Tour abzubrechen. Ich fuhr anschließend an der Elbe entlang bis nach Bad Schandau und wieder zurück. Bekanntes Terrain, da hier damals meine erste Etappe, meiner allerersten Fahrradtour, war.

Bereits bei den Orbits zuvor fiel mir auf, dass ich über die Routen zu viel nachgedacht habe. Obwohl ich alle gefahrenen Orbits ohne Probleme gefahren bin, fehlte mir auf einmal das Selbstvertrauen für weitere. Erklären kann ich mir dies immer noch nicht richtig. Aber für mich stand im Fokus Spaß zu haben, deswegen war die Entscheidung richtig, auch wenn sie mir nicht leicht viel.

Die Abrechnung

Insgesamt bin ich 7 ½ Orbits gefahren. Dabei habe ich 1.921 km und 14.980 Höhenmeter in einer Gesamtzeit von 118:08 h zurückgelegt und konnte mir damit den 15. Platz im Orbit (Gesamt)Ranking ergattern. Ich finde es natürlich schade, dass ich nicht wie geplant 14 Orbits gefahren bin. Trotzdem bin ich stolz, sieben Orbits erfolgreich beendet zu haben. Wie bereits oben erwähnt, hatte ich noch nie zuvor solche Distanzen in Angriff genommen und der oft schwierige Untergrund hat die Aufgabe nicht einfacher gemacht.

Ich konnte viele neue Erfahrungen im Bereich Ultra Distanz Rennen sammeln und hatte trotz der Anstrengung viel Spaß. Der Winter wird genutzt, um zu trainieren und dann freue ich mich schon auf die neue Saison 2021, neue Orbits, das Atlas Mountain Race und andere Fahrradabenteuer. 

An dieser Stelle möchte ich mich auch bei allen Streckenscouts und natürlich bei den Machern, der Orbit 360 Serie, Bengt Stiller und Raphael Albrecht bedanken. Es war eine grandiose Idee und Umsetzung.

DIE LEARNINGS

Ich habe viele Dinge auf meinen Touren gelernt, aber vor allem zwei Dinge sind mir besonders im Gedächtnis geblieben sind. Zum einen, wie wichtig es ist, sein Fahrrad zu kennen. Es war nicht so, dass mir mein Fuji Jari, welches ich schon über ein Jahr besaß, unbekannt war. Aber die Vielfalt der Untergründe und die Distanzen ließen mich ein ganz neues Fahrgefühl und Sicherheit für mein Fahrrad entwickeln.

Zum anderen war mir vorher nie bewusst, was für eine wichtige Rolle der mentale Aspekt spielt. Beim Fahren der Strecken neigte ich dazu, diese zu zerdenken. Es gab Momente, in denen ich zu viel über die nächsten Anstiege und die nächsten Kilometer nachgedacht habe, als den Moment zu genießen. Dadurch habe ich mir die Fahrten selbst schwer gemacht. Woran das lag? Gute Frage! Ich denke, dass ich definitiv mehr trainieren muss, um dadurch mehr Vertrauen in mein Können und meine Leistungsfähigkeit zu bekommen. Daher spielt glaube ich Training und dadurch gewonnene Sicherheit in seine eigenen Fähigkeiten eine große Rolle. Aber ich muss auch lernen, keinen eigenen Druck aufzubauen, denn im Endeffekt ist das Fahrradfahren nur ein Hobby für mich.

Darüber hinaus ich fand es schön zusehen, dass Frauen bei der Orbit 360 Series genauso supportet wurden, wie Männer. Ich finde diese Gleichberechtigung wichtig, denn es dreht sich im Radsport oft nur um Männer. Ich glaube, dass dieser Support auch weitere Frauen ansprechen und ermutigen wird, an solchen Events teilnehmen. In dem Zug kann man auch nur den Podcast „Die Wundersame Fahrradwelt“ von Johanna Jahnke empfehlen, in welchen sie sich sehr für Frauen im Radsport stark macht.

ORBIT360 - GERMANY'S FIRST GRAVEL SERIES

  • Each ORBIT is Single Stage and unsupported
  • 20 Tracks across the 16 German states
  • Choose one, more or ride them all!
  • Start when and where you want
  • Race Period (2021) 01.05. – 11.07.2020
Mehr Informationen, Routen und Anmeldung unter:
 

Fotos & Text: Markus Fischer

2 Gedanken zu „Rider’s Journal #2: Orbit360 Gravel Serie“

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