Zurück auf's Rad
Fünf Dinge, die ich nach einer knie-OP (wieder) machen würde
Mein Start ins Jahr 2023: Schon im letzten Jahr war klar, dass ich am rechten Knie operiert werden muss – die dritte Operation in 20 Jahren am selben Knie. Diesmal war der Grund ein Außenmeniskusriss, der bei einem Kontroll-MRT festgestellt wurde. Und bei dieser Gelegenheit wurde gleich noch das vordere Kreuzband mit einer Plastik ersetzt, nachdem ich seit 2005 “ohne” unterwegs gewesen war.
Die Perspektive nach der OP: Etwas sechs Wochen an Krücken, die ersten vier Wochen davon Teilbelastung mit 15 kg und dann weitere zwei Wochen mit halbem Körpergewicht.
Mittlerweile sind diese sechs Wochen rum und ich bin mit dem Zwischenergebnis mehr als zufrieden: Ich kann das Knie schmerzfrei und ohne Bewegungseinschränkungen voll belasten – Alltagstauglichkeit wieder hergestellt und auf dem Weg zurück in den Trainingsmodus. Das möchte ich zum Anlass nehmen, um ein paar Erkenntnisse zu teilen, die ich aus den letzten Wochen mitgenommen habe und bei einem “nächsten Mal” wieder so machen würde.
Wichtig: Kein Knie ist wie das andere und ich bin auch kein Mediziner! Ihr findet hier Ideen und Anregung auf Basis meiner Erfahrungen. Diese können als Anhaltspunkte für Eure individuelle Therapie dienen – nicht aber als allgemeingütiger und schon gar nicht medizinischer Rat. Diesen holt Euch bitte von Ärzt:innen bzw. Physiotherapeut:innen, die Euch begleiten.
Meine erfahrungen
1. Frühzeitige Planung
Die Rehabilitation startet im Idealfall schon einige Wochen vor dem tatsächlichen Eingriff. In aller Regel folgt nach der Operation eine Physiotherapie (bei mir Lymphdrainage und Krankengymnastik) und diese sollte zeitnah starten, regelmäßig stattfindet und zeitlich schon bis zum Ende durchgeplant sein.
Da Wartezeiten von vier bis sechs Wochen bei der Physio durchaus keine Seltenheit sind, sollte man also keinesfalls erst nach der Entlassung mit dem Rezept in der Hand auf Terminsuche gehen. Hier lässt man im Zweifel wirklich wertvolle Zeit verstreichen, in der man gegen die Schwellung und für die Mobilisation arbeiten kann.
Mein Tipp: Alle Termine direkt durchplanen, sobald der Termin für die OP steht und die Therapie klar ist.
2. Konsequentes Kühlen
In den ersten Tagen nach der Operation ist das Knie stark geschwollen und dem Gefühl nach so beweglich wie ein Holzbein. Beides ist ganz normal und begleitet die nächsten Wochen..
Insbesondere für den Rückgang der Schwellung kann man zwei Dinge tun: Zum einen die Lymphdrainage in der Physio und zum anderen konsequentes Kühlen zu Hause von Anfang an. Denn je früher und besser die Schwellung zurückgeht, desto besser kann auch die Mobilisation voranschreiten.
Dabei bin ich diesmal den Erfahrungen eines chronisch knieleidenden Kollegen gefolgt und habe dessen Kühlsystem aus Kühlmanschette für das Knie und Kühlbehälter (mit Eis und Wasser gefüllt) genutzt.
Das Ergebnis hat mich absolut überzeugt und im Vergleich dazu wirkt der Einsatz von Kühlkompressen aus dem Tiefkühlfach fast homöopathisch. Und praktisch ist es auch: Mit einer Füllung des Kühlbehälters kommt man gut über ganzen den Tag, statt alle halbe Stunde die Kompresse zu wechseln.
Mein Tipp: Regelmäßig und konsequent kühlen mit einer Kühlmanschett für das Knie. Ich habe dafür die Aircast Cryo/Cuff Kniebandage und Kanne mit Schlauch (ca. 200 EUR) genutzt.
3. Regelmäßiges Training
Wie gut und schnell die dann Rehabilitation verläuft, hängt von vielen Faktoren ab – die Eigenleistung ist aber aus meiner Erfahrung ein ganz entscheidender. Denn 20 Minuten Krankengymnastik können selbst bei drei Einheiten pro Woche nur ein Anfang sein, nicht aber die Lösung.
Ich habe deshalb von Anfang an – im Rahmen der vorgegebenen Bewegung- und Belastungsbegrenzung – jeden Tag etwa drei bis fünf kurze Übungseinheiten als Ergänzung zur Krankengymnastik absolviert. Diese bestanden aus verschiedenen Übungen, deren Zusammenstellung und Intensität variiert und mit zunehmendem Fortschritt gesteigert werden kann.
Gewünscht hätte ich mir, dass mir jemand dafür einen Trainingplan an die Hand gibt, nach dem ich arbeiten kann. Da ich sowas weder vom Arzt noch in der Physiotherapie bekommen habe, war ich sehr dankbar für eine weitere Empfehlung – diesmal aus der Bikepacking Community von Heimatnomadin Leona Kringe.
Der Blog Knie Marathon von Katrin Glunk bietet umfangreiches Wissen und Impulse und das eBook (bei mir “Reha nach vorderem Kreuzbandriss und Meniskusnaht”, ca. 20 EUR) war eine perfekte Grundlage für mich, um den eigenen Trainingsplan zu erstellen und mit dem Fortschritt anzupassen.
Mein Tipp: Regelmäßiges eigenständiges Training ist unerlässlich. Für Training nach Plan habe ich die Angebote von Knie Marathon genutzt.
4. Indoor Cycling
Wenn man vom Rad kommt und wieder drauf will, dann ist das für viele sicher selbstverständlich, dass der erste Schritt zurück auf’s Rad über den Smart Trainer (oder auch Ergometer) geht. Die Vorteile liegen auf der Hand:
- Klarer Fokus auf die Bewegung
- Vollständiger Bewegungsumfang für’s Gelenk
- Bessere Belastungssteuerung durch Watt-Messung (Powermeter hat nicht jeder)
- Keine Risiken durch Verkehrseinflüsse
Ich durfte nach drei Wochen wieder indoor auf’s Rad steigen und für das Knie war es ein weiterer Booster in Sachen Mobilisation. Das Gelenk hat dadurch schnell deutlich an Geschmeidigkeit im Bewegungsablauf gewonnen und die Belastung (mehr Watt und/oder längere Einheiten) kann wohl dosiert gesteigert werden.
Mein Tipp: Aktiv nachfragen (beim Arzt/Physio) ab wann Radfahren wieder möglich ist und dann langsam indoor starten, bevor es wieder raus geht.
5. Zielorientierung
Ziele sind wichtig, denn sie geben Anreiz und Orientierung – für einen selbst und auch für andere wie Physio und Arzt. Der Motivationsaspekt ist mehr oder weniger selbsterklärten. Wichtiger und vielleicht nicht immer so präsent ist, dass Ziele auch mit den behandelnden Personen geteilt werden sollten.
Wenn des Ziel “Wiederherstellung der Alltags- und Arbeitsfähigkeit” ist – ich würde behaupten, das kann man als “Default” mal annehmen, leuchtet es ein, dass Umfang und Intensität der Rehabilitation anders sein werden, als wenn ich drei Monate später beim nächsten Ultra-Cycling Event am Start sein möchte.
Mein Ziel war und ist von Anfang an klar die Teilnahme an der ersten Ausgabe von DEAD ENDS & dolci, also eine Ultra-Event über ca. 500 KM mit ca. 9.000 HM in der Schweiz gegen Ende April. Das motiviert mich jeden Tag und ich bin mir sicher, dass ich am Start sein werde.
Mein Tipp: Ein konkretes Ziel formulieren und allen am Heilungsprozess Beteiligten kommunizieren.
Bonus: Bikepacking x Gehilfen
Zu guter letzt noch ein kleines Gadget, das sich für mich als unheimlich nützlich erwiesen hat und gerade mit Bikepacking Background leicht zu realisieren ist: Die Crutch Pouch. Als kleiner Helfer im immobilen Alltag bietet sie die ideale Lösung, um Schlüssel, Handy und Co. immer am dabei und sicher verstaut zu haben. Was es dazu brauch ist nicht viel und quasi in jedem guten Bikepacking Fundus vorhanden: eine Food Pouch (bei mir von Apidura) und Kabelbinder.


In diesem Sinne, bleibt gesund und ansonsten gute besserung!
Dieser Artikel enthält keine Werbung und keine Affiliate Links.
2 Gedanken zu „Zurück auf’s Rad“
Gute Herangehensweise. Und sehr löbliche Trainingsfrequenz neben der physio. Drücke die Daumen, dass Du zum Event voll einsatzbereit bist 🙂
Danke Dir! Vom Experten ist das ja fast wie ein Ritterschlag – abgerechnet wird dann im Ziel 🙂