Behind the scenes: Black heron Fabrix

Ingolstadt an der Donau – nicht eben als El Dorado für Bikepacker bekannt und doch eine Adresse, die man sich für die Zukunft vielleicht merken muss. Hier entsteht seit einigen Monaten mit Black Heron Fabrix eine kleine Manufaktur für Bikepacking Gear – Handmade in Bavaria. Simply Bikepacking hat Harald Kinzel, den Macher von Black Heron Fabrix, getroffen.

Dropbar Bikes & Coffee in Ingolstadt. Der Laden, den Harald Kinzel seit 2017 erfolgreich betreibt, ist nur einen Steinwurf vom Ufer der Donau entfernt. Es ist zehn Uhr am Morgen und noch keine Kundschaft im Laden. Zeit über ein anderes Projekt zu sprechen, das der gebürtige Franke und begeisterte Bikepacker in den letzten Monaten voran gebracht hat.

“Dann hast Du noch irgendeinen alten Rucksack gehabt, den zerlegt, die Riemchen aufgehoben und neue geile sachen daraus genäht.”

Der Weg zum Bikepacking begann für Harald mit dem Wandern und schon damals, als Jugendlicher, hat er gern aus altem Equipment etwas Neues geschaffen und dabei regelmäßig die Nähmaschine der Mutter in die Knie gezwungen: “Dann hast Du noch irgendeinen alten Rucksack gehabt, den zerlegt, die ganzen Riemchen aufgehoben und neue geile Sachen daraus genäht.”, erinnert er sich. Durch den Nebenjob im Fahrradladen während des Studiums kam der Einstieg in die Fahrradszene und schließlich beides zusammen: Statt zu Fuß wurde in die Pedale getreten und das Gepäck wurde in Ortlieb Satteltaschen am Tubus Gepäckträger, den Harald an sein altes Stevens montiert hat, verstaut. Damit ging es auf die erste große Tour über 1.200 Kilometer bis an die Cote d’Azur. “Das hat mich angefixt”, sagt er auch 15 Jahre später noch. Schnell wurde dabei klar, dass das klassische Touren Setup seine Grenzen hat. Mit 35 kg Gepäck überladen und hecklastig unterwegs auf einer späteren Tour durch Schweden hat “alles geklappert und scheppert, sobald Du mal in einen Schotterweg reingefahren bist.”

Dann kam die Zeit, als auch in Deutschland die ersten Bikepacking Taschen – erst aus Ãœbersee und später auch vom deutschen Radreise-Marktführer Ortlieb – auf den Markt gebracht wurden und damit die Möglichkeit, das Gepäck gut sortiert und gleichmäßig am Bike zu verteilen. “Wir haben mit Apidura angefangen und über den Laden bestellt, verschiedene Hersteller ausprobiert und im Freundeskreis getauscht und getestet.” Die Produkte der bekannten und etablierten Hersteller erfüllen viele Wünsche – aber nicht alle: Jeder Rahmen ist anders und ein one size fits all gibt es nicht. Das Gleiche gilt für Farben und Materialien. Die Auswahl und Kombinationsmöglichkeit bei Ortlieb, Apidura, Revelate Designs und Co. sind begrenzt und treffen nicht jeden Geschmack in Sachen Optik.

“Dann fängst Du an für Freunde und Bekannte Gear zu nähen und dann nähst Du für Leute, die Du gar nicht kennst.”

Das war 2019 auch der Grund, der Harald zurück an die Nähmaschine gebracht hat. Die Herausforderung: Eine maßgefertigte Full-Frame Rahmentasche für das eigene Bike nähen, nachdem er am Markt nichts für Ihn passendes gefunden hatte – so entstand der erste Prototyp. Dass dieser dann auch gleich den Outdoor-Test auf einer Tour zum Dirty Boar nach Belgien erfolgreich bestanden hat, war Überraschung und Freude zugleich. Doch es gibt immer etwas zu verbessern, sodass der 34-jährige im Werkstattkeller weitere Prototypen konzipiert und umsetzt. Dabei helfen ihm das Handwerkszeug als Ingenieur und die Erfahrung aus dem teils “frustrierenden Learning by Doing” der Jugend. Gleichzeitig ist auch die Kreativität gefordert, was den besonderen Reiz für Ihn ausmacht.

Auch an neuen Ideen mangelte es nicht, sodass auf den Full-Frame Bag die ersten Snack Bags folgten – immer noch für den Eigenbedarf. Was dann kommt, dürfte fast jeder von sich selbst kennen: Wenn Bikepacker aufeinander treffen, werden Gear und Equipment der anderen erstmal unter die Lupe genommen und neugierig bestaunt. “Dann fängst Du an für Freunde und Bekannte Gear zu nähen und dann nähst Du für Leute, die Du gar nicht kennst”, berichtet Harald über das zunehmende Interesse an seinen Bags.

So wurde aus dem Freizeitprojekt binnen einiger Monate eine kleine Brand für Bikepacking Gear und Ihr Markenzeichen der schwarze Reiher (engl. black heron). Harald ist ein Fan der Vögel, die für Ihn eine große Ruhe ausstrahlen – ebenso wie er selbst, möchte man meinen. “Es macht mir Bock! Ich hab da Spaß daran Taschen zu machen und auch wenn jemand Sonderwünsche hat, darauf ein zu gehen.” Neben der Möglichkeit auf Wunsch nach Form und Farbe maßgefertigte Lösungen zu produzieren, stehen die Qualität von Materialien und deren Verarbeitung im Vordergrund. Die fertigen Produkte müssen den eigenen hohen Qualitätsansprüchen gerecht werden, die sich am Besten mit “das ist cool reproduzierbar und hält ewig” umschreiben lassen. Und natürlich handmade in Bavaria – das unterscheidet von den Großen am Markt.

Wir gehen runter in den Keller und tiefer in die Details der Produktion. Dort passiert alles vom Konzept, in das erstmal ein Großteil der Arbeit fließen muss, über das Nähen von Prototypen zum Test auf Bedienbarkeit und Einsatzfähigkeit bis hin zur Produktion der Kleinserien für den Verkauf. “Es könnte jetzt etwas nerdig klingen”, meint Harald und erklärt die Feinheiten der unterschiedlichen Nähmaschinen, die sich in dem Raum mit der Größe eines kleinen WG-Zimmers befinden. Aktuell finden sich dort drei Maschinen – vom Einsteigermodell für den Hausgebrauch bis zur Industriemaschine.

Produziert wird aktuell nur auf Bestellung: Je nach Kundenwunsch entstehen dann Kleinserien mit Farbkombinationen, die auch für andere Kunden zum Verkauf stehen. Wer seine eigene Idee umgesetzt haben möchte, der muss mit Lieferzeiten von aktuell ca. 4 Wochen rechnen – das, so meint Harald, sei aber auch okay, denn am Ende stehe ein für den Kunden in Deutschland handgefertigtes Produkt nach dessem individuellen Wünschen.

Dennoch gibt das junge Sortiment bereits jetzt einiges her und geht mit schicken “Standardprodukten” an den Start: Neben Snack Bags in verschiedenen Größen (0,7 Liter und 1 Liter) gibt es serienmäßig auch Fork Packs für mehr Stauraum an der Gabel und schicke Organizer Pouches. Diese finden Interessenten aktuell nur über die Homepage (www.dropbar-bikes.de/black-heronund den Instagram Account @black.heron.fabrix. Wer also Interesse hat – egal ob Standard oder Custom – kann über diese Kanäle Kontakt aufnehmen und Ihr findet gemeinsam eine passende Lösung.

Eine kleine Anekdote, die aber auch typisch erscheint und das ganze umso authentischer macht: Die Entstehung des großen 1-Liter Snack Bags ist dem Zufall geschuldet. Nachdem die Schablone auf der falschen Zoomstufe aus dem Drucker kam wurde natürlich auch der fertige Bag größer als geplant und zufällig genau richtig, um eine 1-Liter Nalgene Flasche aufzunehmen.

“Es ist nicht so, dass ich da heute oder morgen ein imperium damit aufbauen werde.”

In Zukunft, das ist das Ziel für Black Heron Fabrix, soll eine komplette Produktlinie entstehen, wie man sie von den großen Marken kennt. Und dazu fehlt auch gar nicht mehr so viel, wenn man berücksichtigt, welche Prototypen aktuell im Entstehen sind: Rahmentaschen sind ein “großes Ding” und der (mittlerweile) vierte Prototyp für den Full-Frame Bag mit Roll-Top ist bereits in Arbeit. Außerdem kommen kleine Handlebar Bags in verschiedenen Formen – bleibt dann vor allem noch das Thema Satteltasche. Da die Arbeit mit mehr Produkten im Angebot nicht weniger wird, muss stets und ständig optimiert werden, um effizienter produzieren zu können. Denn das Ganze soll auch in Zukunft (erstmal) klein und familiär bleiben. “Es ist nicht so, dass ich da heute oder morgen ein Imperium damit aufbauen werde.”, sagt Harald über die Zukunft von Black Heron Fabrix. Da passt es auch ins Bild, dass er bisher noch gar keine Werbung gemacht hat, denn er “möchte nicht überrollt werden und dann nicht liefern können”.

Das klingt solide – Wir sagen Danke für’s Gespräch und weiter so!

Praxis Tipp: Allen Bikepackern, die Ihr eigenes Gear nähen wollen, rät Harald zu Qualität von Anfang an. Das sei das Wichtigste und meint vor allem gute Stoffe und gute Maschinen – nur dann kann auch ein gutes Ergebnis entstehen. Mit einer gebrauchten Industriemaschine anfangen und im besten Fall jemanden haben, der einem zeigt wie es geht – “das erspart Dir einfach eine Menge Frust”. Probiert’s mal aus und zeigt uns Eure Ergebnisse!

Black Heron Fabrix

  • Unique and customized Bikepacking Gear
  • Handcrafted in the heart of Bavaria
  • Created by Harald Kinzel of Dropbar Bikes & Coffee
Mehr Informationen, Produkte und Bestellungen unter: 
 

Fotos: Harald Kinzel

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